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Naturfreunde-Umweltkonferenz: Herausforderung Klimawandel

Auswirkungen auf die Pole und den Alpenraum

Am 13. Oktober 2017 fand im Volkshaus Ebelsberg die achte Umweltkonferenz der Naturfreunde Österreich statt. Im Zuge der Herausforderungen, die uns der Klimawandel stellt, und der damit verbundenen Energiediskussion sind natürlich auch die alpinen Regionen in den Fokus gerückt. Die Alpen haben für die Nutzung erneuerbarer Energien, zum Beispiel der Windkraft, ein großes Potenzial. Sie könnten einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Damit würde aber der Druck auf die Natur zunehmen. Doch welches Ausmaß wäre vertretbar?
Dieser und noch vielen anderen Fragen widmete sich die diesjährige eintägige Umweltkonferenz der Naturfreunde, die von DI Gerald Plattner, Bundesumweltreferent der Naturfreunde Österreich und Naturschutzbeauftragter der Österreichischen Bundesforste, moderiert wurde. Knapp 100 Interessierte waren der Einladung der Naturfreunde gefolgt und informierten sich über den aktuellen Wissensstand der Klimawandel-Forschung.

 

Unter den Auswirkungen des Klimawandels leidet vor allem die Bevölkerung in den trockenen Gebieten Afrikas, die meist von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Dürreperioden nehmen zu, und viele Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage. Stadtflucht und Migration nach Europa sind die Folgen. Der neu gegründete Klimafonds der Naturfreunde Internationale unterstützt tolle Projekte in Afrika, welche die Situation der Bevölkerung verbessern sollen. Der Alpenraum ist vom Klimawandel stärker als andere Regionen betroffen. In den österreichischen Alpen erfolgte bis jetzt ein höherer Temperaturanstieg als im globalen Vergleich. KlimaforscherInnen errechneten, dass bis 2050 etwa drei Viertel der heutigen Alpengletscher geschmolzen sein werden.

 

 

Begrüßungen

 

Gerda Weichsler-Hauer, Vorsitzende der Naturfreunde Oberösterreich, begrüßte die Gäste der Umweltkonferenz sehr herzlich und freute sich darüber, dass auch viele Jugendliche im Publikum waren.

Das Thema Klimaerwärmung liegt Gerda Weichsler-Hauer sehr am Herzen. „Wer den Klimawandel ignoriert, begeht Selbstmord mit Anlauf“, betonte sie und verwies auf den rasanten Gletscherschwund am Dachstein. Sie forderte, dass man nach der Pariser Klimakonferenz neue Wege einschlagen müsse - in puncto Mobilität, in der Wirtschaft, etc. Auch mit der massiven Flächenversiegelung dürfe es nicht mehr so weitergehen. Statt Förderungen für NEUbesiedelung sollte es in Zukunft Förderungen für ENTsiedelung und für die Renaturierung versiegelter Flächen geben.

 

 

Prof. Mag. Sepp Friedhuber, Biologe, Bergsteiger, Fotograf, Buchautor, langjähriger Alpinreferent und Ehrenmitglied der Naturfreunde Österreich, meinte in seiner Begrüßung, dass die Umweltkonferenz „Herausforderung Klimawandel“ keine Wohlfühlveranstaltung sein werde, sondern sich mit der harten Realität auseinandersetzen würde. Er selbst sei nicht sehr optimistisch, ob man in Sachen Klimawandel noch den Hebel umlegen könne. Er entwickle sich einfach zu rasch. „Auf jeden Fall müssen wir die fossilen Ressourcen schützen - egal, wie groß der Anteil der Menschen am Klimawandel ist“, meinte Sepp Friedhuber. Alternative Energien haben ein großes Potenzial; wenn aber in fünfzig Jahren die Pufferwirkung der Gletscher wegfällt, werde das die Nutzung der Wasserkraft erschweren. Ob die Nutzung der Windkraft in den Alpen sinnvoll und effizient ist, solle ebenfalls während der Konferenz erörtert werden.

 

Mag. Günter Abraham, Bundesgeschäftsführer der Naturfreunde Österreich, verwies in seiner Begrüßung auf die brennende Aktualität des Konferenzthemas. Er sehe aber die Zukunft nicht so pessimistisch wie sein Vorredner: „Jeder sollte für sich selbst festlegen, wie es mit seinem Umgang mit der Energie steht. Wie heize ich? Wie schaut meine Mobilität aus?“ Seine Hoffnung ruhe nicht nur auf Experten, sondern auch auf jungen Menschen, die neue Ideen haben. Daraus könne eine neue Dynamik entstehen, auf die er sich jetzt schon freue.

 

Vorträge am Vormittag

Mag. Andreas Jäger, Meteorologe, Moderator des ORF-III-Wissenschaftsmagazins „Quantensprung“

Vortrag „Wetter, Klima, Klimawandel - quo vadis?“

 

Auch wenn es manche immer noch nicht sehen wollen: Das Klima hat sich

1.) verändert und

2.) durch UNS verändert.

 

Die Klima-Schwankungen von Jahr zu Jahr können sehr groß sein. Auch in der Kleinen Eiszeit (15.-19. Jahrhundert) gab es vereinzelte Jahre, die heute zu den wärmeren gehören würden. Deswegen macht der Begriff Klima nur Sinn, wenn man mindestens ein Mittel von 30 Jahren beachtet. Dann ist die Sache allerdings eindeutig.

 

Seit dem Ende der Kleinen Eiszeit Ende des 19. Jahrhunderts hat die Durchschnittstemperatur weltweit ca. 1,5 Grad zugenommen, im Alpenbereich um ca. das Doppelte. Das Jahr 2014 hat das Jahr 1994 als wärmstes Jahr in der Geschichte der Aufzeichnungen abgelöst, 2015 war das zweitwärmste und 2016 das viertwärmste
Diese Erwärmung ist unter Umständen nur der Anfang. Immer bessere Klimaberechnungen und ausnahmslos alle Klimamodelle der Welt zeigen: Wenn es uns gelingt, den CO2-Verbrauch unter Kontrolle zu kriegen, können wir den Treibhauseffekt auf ein für unser System (Ökologie und Ökonomie) erträgliches Niveau eindämmen (blauer Bereich). Wenn wir allerdings so weitermachen wie bisher, kommen wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 % auf ein Niveau von etwa 4 Grad Erwärmung (roter Bereich). Die Folgen für das Ökosystem sind schwer zu quantifizieren, aber sie werden auf jeden Fall wehtun.

Dass es sich bei den Berechnungen um Wahrscheinlichkeiten handelt, macht die Sache noch prekärer: Es gibt eine Wahrscheinlichkeit von nicht weniger als 10 % für eine Erwärmung von 6 Grad und mehr – was einer Klimakatastrophe mit unabsehbaren Folgen entsprechen würde. Darüber wird zu wenig gesprochen, und auf das große Risiko wird nicht reagiert.

 

Andreas Jägers Botschaft: Jeder sollte in seinem Bereich aktiv werden und ein Vorbild sein. Energie sparen, Energieeffizienz im Haushalt steigern, von Öl- auf Biomasseheizung umsteigen, etc. - der Hebel, etwas tun zu können, werde immer größer.

 

 

Buchtipp

Gernot Wagner/Martin L. Weitzmann, „KLIMASCHOCK. Die extremen wirtschaftlichen Konsequenzen des Klimawandels“, Ueberreuter-Verlag

 

 

 

Prof. Mag. Sepp Friedhuber, VortragDie Auswirkungen des Klimawandels auf Arktis und Antarktis“

 

Sepp Friedhuber war als Lektor für Ökologie und Klimaproblematik viele Male in den Polargebieten tätig.

 

Arktis

Die Arktis ist die nördlichste zirkumpolare Region der Erde, mit einer Fläche von rund 26 Mio. km2. Der geografische Nordpol liegt inmitten des ganzjährig eisbedeckten Arktischen Ozeans. Die im Durchschnitt 2–3 m dicke Packeisdecke erfährt zwischen Sommer und Winter erhebliche flächenmäßige Schwankungen. Gerade dieser Bereich ist vom Klimawandel besonders betroffen. Waren im August 1996 noch 6,5 Mio. km2 von Eis bedeckt, so schrumpfte die Eisdecke im September 2007 auf weniger als 3 Mio. km2.  Diese dramatische Entwicklung resultiert daraus, dass in der Arktis die Temperatur doppelt so schnell wie jene im globalen Mittel ansteigt. Die Diskrepanz zwischen dem Reflektionsverhalten der Schneeflächen und dem Absorptionsverhalten des offenen Wassers beschleunigt die Erwärmung.

 

21.3.2017: Hitzewelle

Wetteralarm am Nordpol: Am Höhepunkt des Winters gab es in der Arktis Tage mit Temperaturen fast am Schmelzpunkt. Und das ist nicht das einzige Wetterextrem, von dem Klimaforscher berichten. Die Folgen zeigen sich weltweit.

 

Schlagzeilen wie diese häufen sich; jedes Jahr werden neue Temperaturrekorde gemeldet, und die arktischen Eisflächen, vor allem auch die Dicke der Packeisflächen, verringern sich schneller als noch vor wenigen Jahren prognostiziert wurde.

Grönland erfährt durch das Abschmelzen einen enormen Masseverlust, aber auch die stabilere Antarktis ist vor allem im Westen von diesem Trend betroffen. Ein beschleunigtes Ansteigen des Meeresspiegels ist zu verzeichnen, auch wenn es sich dabei um Millimeter handelt. Die globale Wettersituation ist im Umbruch, und Unwettermeldungen sind an der Tagesordnung. Schwere Folgen für die Tierwelt und die indigenen Völker in der Arktis sind absehbar.

Das Polarmeer um Spitzbergen war im vorletzten Winter noch im Dezember und Jänner eisfrei, und die weiblichen Eisbären konnten ihre Überwinterungsgebiete, wo sie in Schneehöhlen ihre Jungen gebären, nicht oder nur mit großen Fettverlusten erreichen.

2016 wurden in Spitzbergen kaum junge Bären gesichtet. Der Eisbär ist zum Symbol für den dramatischen Klimawandel geworden.

http://www.n-tv.de/wissen/Arktis-Jahr-startet-mit-Hitzewellen-article19755371.html

 

 

14.11.2016: Weiterhin sehr warm!

Mit dem einsetzenden Herbst in der Arktis beginnt die Gefriersaison, und das arktische Meereis dehnt sich wieder aus. Seit Oktober 2016 lag die Meereisausdehnung jedoch weit unterhalb des langjährigen Mittelwertes. Im November erreichte die mittlere Meereisausdehnung 8,8 Mio. km², den niedrigsten November-Wert seit es Satellitenaufzeichnungen gibt. Der Wert des Jahres 2016 liegt circa 757.000 km² unter dem 2012 im November erreichten Wert.

Im Vergleich zu 2007 und 2012 (die Jahre mit den bisher geringsten sommerlichen Meereisausdehnungen) ist die Eiskonzentration im November 2016 in großen Gebieten in der Beaufort-, Tschuktschen-, Kara- und Ostsibirischen See deutlich geringer. Die Eiswachstumsrate im November lag bei durchschnittlich ca. 93.000 km² pro Tag. Ende Oktober wie auch Mitte November nahm die Meereisausdehnung sogar um circa 0,3 Mio. km² ab, ein bisher noch nie beobachtetes Ereignis im November.

http://www.meereisportal.de/meereisbeobachtung/aktuelle-beobachtungsergebnisse-aus-satellitenmessungen/einschaetzung-meereissituation-arktis/2016/

 

Grönland

Grönland hat einen 1,7 Mio. km2 großen Eisschild, der 82 % der Insel bedeckt; sein Volumen beträgt 2,85 Mio. km3, die Eisdicke durchschnittlich ca. 2 km. An den Rändern des Eisschildes stellt man ebenfalls starke Abschmelzungstendenzen fest. Aufgrund der erhöhten Schmelzwasserkonzentration zwischen Gesteinskörper und Eismasse kommt es zu einer Beschleunigung der Gleitvorgänge und zu einer erhöhten Fließgeschwindigkeit der Outlet-Gletscher. Robin. E. Bell von der Columbia Universität New York beschäftigt sich mit der Gleitgeschwindigkeit der Eisschilde und der Möglichkeit des beschleunigten Abgleitens in die Ozeane. Ein rasanter Anstieg des Meeresspiegels wäre die Folge. Bei einem vollständigen Abschmelzen Grönlands würde der Meeresspiegel um sieben Meter steigen. Die grönländische Landmasse hebt sich wegen des Masseverlustes bereits 4–5 cm pro Jahr.

 

3.8.2016: Verlust von einer Billion Tonnen Eis in nur vier Jahren!

Eine Satellitenstudie (http://eprints.whiterose.ac.uk/101031/), veröffentlicht in der Zeitschrift „Geophysical Research Letters“, gibt an, dass der Eisschild Grönlands zwischen 2011 und 2014 eine Billion Tonnen Eis verlor. Der größte Anteil stammt von nur fünf Gletschern. Dies ist die neueste Geschichte in einer langen Reihe zunehmend beunruhigender Studien zur Eisschmelze in Grönland. Der Eisschild hatte bereits im vergangenen Jahrhundert mindestens neun Billionen Tonnen Eis verloren. Wenn der ganze Eisschild schmilzt, würde der Meeresspiegel um etwa sechs Meter steigen!

https://netzfrauen.org/2016/08/03/groenland-greenland/

 

Schließlich sind vom Klimawandel in der Arktis auch die zirkumpolaren Küstenregionen des eurasischen und des amerikanischen Kontinents betroffen. Für die indigenen Völker Russlands, Grönlands, Alaskas und Kanadas ergeben sich dadurch schwerwiegende Konsequenzen, die zu einer Überlebensfrage werden und bereits jetzt sehr deutlich spürbar sind.

 

Konsequenzen des Klimawandels in der Arktis

Allein in den letzten 50 Jahren ist die Durchschnittstemperatur in der Arktis um bis zu 4 Grad gestiegen. Bis 2100 wird eine weitere Erwärmung von 3–5 Grad über dem Land und 4–7 Grad über dem Meer erwartet. Diese Veränderung würde das baldige Ende der permanenten nordpolaren Eisbedeckung und ein beschleunigtes Abschmelzen des grönländischen Eisschildes zur Folge haben. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird ein Anstieg des Meeresspiegels um ca. einen Meter prognostiziert. Davon wären allein in Asien 2,1 Mrd. Menschen, die in Küstennähe leben, betroffen. Große Flächen von Bangladesch würden im Meer versinken, und Migrationen ungeahnten Ausmaßes wären die Folge. Zudem ist zu erwarten, dass die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten noch weiter wachsen wird.

Weitere Folgen: Der erhöhte Anteil von CO2 in der Atmosphäre führt zu einer Veränderung des pH-Werts der Meere und zu einer Störung im Kalkhaushalt von Meerestieren. Boreale Nadelwälder breiten sich weiter nach Norden aus und verdrängen die Tundravegetation. Zugvögel verlieren ihre Brutgebiete. Den Eisbären schmilzt der Lebensraum unter den Pfoten weg. Vermutlich wird der Eisbär nur in zoologischen Gärten überleben können. Die gesamte arktische Fauna (Robben, Walrösser, Eisbären) ist akut vom Aussterben bedroht.

Der Temperaturanstieg bewirkt das Auftauen der Permafrostböden. Dadurch werden Klimagase freigesetzt, die bei der Verrottung des organischen Materials im Boden entstehen: vor allem das Treibhausgas Methan, dessen Klimawirksamkeit (über 100 Jahre gesehen) 23-mal so groß wie die von CO2 ist. In Städten, die wie Irkutsk auf Permafrost gebaut sind, stellen sich an immer mehr Gebäuden Schäden ein, die aus dem Auftauen des Bodens resultieren. Straßen und Bahnlinien sind ebenso betroffen. Viele sibirische Regionen sind nur während der Wintermonate auf dem Landweg erreichbar. Zugefrorene Flüsse dienen als Verkehrswege. In den letzten Jahren verkürzte sich der Zeitraum der kalten Wintermonate erheblich, und immer häufiger treten Versorgungsprobleme auf. Schließlich haben jene indigenen Völker, die von Jagd und Fischfang leben, enorme Überlebensprobleme, weil sich die Zeiträume, in denen sie auf dem Eis Robben jagen können, bereits um ein Drittel verkürzt haben.

Was die Veränderung der ozeanischen Zirkulationsströme betrifft, könnte die Einsüßung der arktischen Gewässer zum Erliegen des Golfstromes führen. Groteskerweise würde dann trotz globaler Erwärmung das Klima in West- und Nordeuropa erheblich kälter werden.

 

Antarktis

Im Gegensatz zur Arktis ist die südliche Polarregion ein Kontinent mit einer Fläche von ca. 13 Mio. km2. Als geografische Grenze gilt die antarktische Konvergenz bei etwa 50 Grad südlicher Breite, wo das kalte antarktische unter das wärmere subtropische Oberflächenwasser absinkt. Verglichen mit der nördlichen Hemisphäre würden London, Brüssel, Frankfurt und Prag bereits in der subantarktischen Klimazone liegen.

Der antarktische Kontinent ist fast völlig von Eis bedeckt; der ostantarktische Eisschild hat eine Dicke von bis zu 4500 m. Rund 70 % des globalen Eises und 75 % der weltweiten Süßwasserreserven sind in der Antarktis gespeichert.

Eine Besonderheit der Antarktis sind riesige Schelfeisbereiche. Das größte ist das Ross-Schelfeis mit einer Fläche von beinahe 500.000 km2. Die Ausdehnung des Packeises variiert von 4 Mio. km2 im März bis zu 22 Mio. km2 im September. In der letzten Zeit haben sich wegen des Klimawandels riesige Schelfeisbereiche aufgelöst. Der Massenverlust von 2010 bis 2013 beträgt in der Westantarktis 137 Gt/Jahr, auf der Antarktischen Halbinsel 23 Gt/Jahr und in der Ostantarktis 3 Gt/Jahr. Der Massenverlust ist damit um 33 % größer, als frühere Untersuchungen für den Zeitraum 2005-2010 ergeben haben, und entspricht einem Meeresspiegelanstieg von 0,45 mm/Jahr.

http://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Antarktischer_Eisschild#Aktuelle_Ver.C3.A4nderungen

 

 

Konsequenzen des Klimawandels in der Antarktis

Wegen der abschirmenden kalten Meereszirkulation und der gewaltigen Eismassen ist die Antarktis klimatisch stabiler als die Arktis. Trotzdem wird auch in der Antarktis eine rapide Zunahme der Eisschmelze festgestellt. Da es aufgrund der Erwärmung zu einer Zunahme der Niederschläge in der Ostantarktis in Form von Schnee kommt, dürfte der Masseverlust wesentlich geringer ausfallen als in der Arktis.

Die größten Gletscher erleiden einen enormen Masseverlust, wobei die Eisschmelze im westantarktischen Bereich deutlich schneller vor sich geht als im ostantarktischen Bereich. Wegen der Höhenlage von bis zu 5000 m (Mount-Vinson-Massiv) sind die Temperaturen wesentlich tiefer als in der Westantarktis. Trotzdem hat sich der Nettoverlust der Eismassen von 1996 bis 2006 um 20 % erhöht.

Ein Abschmelzen der Antarktis würde den Meeresspiegel um ca. 60 m ansteigen lassen. Florida beispielsweise würde völlig im Meer versinken, und die Freiheitsstatue in New York würde zu zwei Drittel unter Wasser sein.

Eine Erhöhung der Wassertemperatur um nur 0,25 Grad würde die Überlebenschance der Königspinguine um 9 % heruntersetzen. Das schreiben Forscher in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“. Die Zahl der Kleinkrebse (Krill), die einen zentralen Platz in der antarktischen Nahrungskette haben, sei seit den 1970er-Jahren um etwa 80 % gesunken, berichtet Angus Atkinson vom British Antarctic Survey. Damit gehen Millionen von Pinguinen, Robben, Fische und Wale ungewissen Zeiten entgegen.

 

Da trotz der Beschlüsse und Beteuerungen anlässlich der Pariser Klimakonferenz nicht zu erwarten ist, dass die Menschheit die Klimaspirale stoppen bzw. zurückdrehen kann, sollten wir uns so schnell wie möglich auf die Szenarien der Zukunft einstellen. Von der Politik müssen Schritte im Sinne einer ökologischen Landesverteidigung auf lokaler, nationaler und globaler Ebene getroffen werden.

Die Menschen, die wegen der Folgen der Klimaänderung ihre Heimat verlassen (müssen), werden uns in den nächsten Jahrzehnten vor eine gewaltige geopolitische Herausforderung stellen.

 

„Wer begreift, ohne zu handeln, hat nicht begriffen!“

Tibetisches Sprichwort

 

 

 

Quellen:

https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/2631/86.pdf?sequence=1

http://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Eisschilde

http://www.antarctica.ac.uk/about_antarctica/index.php

http://oceans.greenpeace.org/de/unsere-ozeane/klimawandel

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,534705,00.html

http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761565002_3/Antarktis.html

http://science.orf.at/science/news/35483

http://www.oekonews.at/index.php?mdoc_id=1030027

http://epic.awi.de/Publications/BerPolarforsch2002416.pdf

http://open-site.org/International/Deutsch/Regional/Polargebiete/Arktis

http://www.iup.uni-bremen.de:8084/amsr/amsre.html

http://maps.grida.no/go/collection/arctic-conservation-collection

http://www.spektrum.de/artikel/947200

 

Dr. Andrea Fischer, Glaziologin, Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Vortrag „Gletscherrückgang in den Alpen“

 

Die Gebirgsgletscher der Alpen sind sensible Indikatoren des Klimawandels. Seit dem Ende der Kleinen Eiszeit um 1850, als die Gletscher einen für die Nacheiszeit sehr hohen Stand erreicht hatten, haben die Alpengletscher mehr als die Hälfte ihrer Fläche verloren. In der letzten Dekade gingen jährlich mehr als ein Prozent der Fläche und etwa ein Meter der Eisdicke verloren (Fischer et al., 2015). Der Rückgang der Gletscher betrifft nicht nur die Alpen, sondern ist ein weltweites Phänomen (Zemp et al., 2015). Von den Alpengletschern hat man sehr lange und hoch aufgelöste Messreihen. Die Alpengletscher sind daher für die Erforschung der Reaktion der Gletscher auf den Klimawandel und der Folgen des Gletscherrückgangs besonders interessant, auch wenn das Eisvolumen der Gebirgsgletscher im Vergleich zu den Eisschilden der Polargebiete verschwindend gering ist.

Paul Dinkelacker, 1920
Der Jamtalferner in der Silvretta vor 1910 (siehe oben aus Paul Dinkelacker, 1920) und im Jahr 2016 (A. Fischer)

Die Alpengletscher spielten in der Entdeckung der Veränderlichkeit des Klimas eine wichtige Rolle und stellen heute wichtige Klimaindikatoren und -archive dar. Die Spuren der eiszeitlichen Gletscher im Alpenvorland führten Anfang des 20. Jahrhunderts zur allgemeinen Akzeptanz der Existenz von Klimaschwankungen. Die Schwankungen zwischen Eiszeiten und Nicht-Eiszeiten haben natürliche Ursachen, die in Details der Bewegung der Erde um die Sonne liegen. Für den derzeitigen Klimawandel gibt es sowohl natürliche als auch menschliche Ursachen, wobei der Einfluss des Menschen sich vor allem im globalen CO2-Haushalt manifestiert.

 

Aus Eisbohrkernen erschließen sich sowohl die Zusammensetzung der früheren Atmosphäre als auch die damaligen klimatischen Bedingungen. Eisbohrkerne stellen somit wichtige Archive für das Zusammenspiel zwischen der Zusammensetzung der Atmosphäre, dem Klima und der Reaktion der Eismassen dar. Der Klimawandel kann also in Eisbohrkernen sehr gut untersucht werden. Seine heutigen Auswirkungen sind durch den Vergleich mit  früheren Ständen der Alpengletscher deutlich sichtbar und intuitiv verständlich. Im Detail aber sind Gletscher sind sehr individuell, und auch der Rückgang der Gletscher ist in verschiedenen Gebirgsgruppen ganz unterschiedlich. Manche sind vom Gletscherrückgang mehr (in der Venediger-Gruppe zum Beispiel das Obersulzbachkees), manche weniger betroffen; das hängt von der Topographie und anderen Faktoren ab. Wenn auf Gletschern Schnee liegt, wird das Eis dadurch vor dem Abschmelzen geschützt. Gletscher in schattigen Gebieten, oder an denen Lawinen Schnee ablagern, sind damit länger vor den hohen Temperaturen geschützt.

Sind Gletscher von Schutt bedeckt, schmilzt das Eis ebenfalls langsamer. Starke Schuttbedeckung kann Gletscher retten. Blockgletscher (= Schutt-Eis-Gemenge) könnten dem Klimawandel für mehrere tausend Jahre trotzen.

 

Gletscher speichern Wasser für mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte. In Extremjahren wie 2015 schmelzen pro Gletscher etwa 2 m³ Wasser pro Quadratmeter Eis ab. In der Nähe des Gletschers macht das Schmelzwasser etwa die Hälfte des Abflusses in den Fließgewässern aus. In größeren Flüssen ist der Anteil des Gletscherwassers nur mehr sehr klein. Die derzeit extreme Gletscherschmelze führt also im Nahbereich der Gletscher zu vorerst hohen Wasserständen, bis die Gletscherfläche so klein wird, dass das Schmelzwasseraufkommen sinkt. Derzeit sind die Gletscherzungen stark ausgedünnt. Jede weitere Schmelze führt so rasch zu großen Flächenverlusten. Da die Gletscher sich noch nicht den heutigen klimatischen Bedingungen angepasst haben, werden der Rückgang und der Zerfall der Gletscher in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten andauern. Derzeit geht man davon aus, dass zum Ende des Jahrhunderts nur mehr ein Drittel bis wenige Prozent der Gletscherfläche übrig sein werden.

 

 

Quellen

Dinkelacker, P., 1920: Geschichte der Sektion Schwaben des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Stuttgart 1920, S. 186

 

Fischer, A., Seiser, B., Stocker Waldhuber, M., Mitterer, C., and Abermann, J., 2015: Tracing glacier changes in Austria from the Little Ice Age to the present using a lidar-based high-resolution glacier inventory in Austria, The Cryosphere, 9, S. 753-766, doi:10.5194/tc-9-753-2015; http://www.the-cryosphere.net/9/753/2015/

 

Fischer, A., K. Helfricht, H. Wiesenegger, L. Hartl, B. Seiser, M. Stocker-Waldhuber, 2016: Chapter 9 - What Future for Mountain Glaciers? Insights and Implications From Long-Term Monitoring in the Austrian Alps, in: Gregory B. Greenwood and J. F. Shroder, Editor(s), Developments in Earth Surface Processes, Elsevier, 21, S. 325-382; http://dx.doi.org/10.1016/B978-0-444-63787-1.00009-3

http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9780444637871000093

 

Zemp, M., H. Frey, I. Gärtner-Roer, S. U. Nussbaumer, M. Hoelzle, F. Paul, W. Haeberli, F. Denzinger, A. P. Ahlstrøm, B. Anderson, S. Bajracharya, C. Baroni, L. N. Braun, B. E. Cáceres, G. Casassa, G. Cobos, L. R. Dávila, H. Delgado Granados, M. N. Demuth, L. Espizua, A. Fischer, K. Fujita, B. Gadek, A. Ghazanfar, J. O. Hagen, P. Holmlund, N. Karimi, Z. Li, M. Pelto, P. Pitte, V. V. Popovnin, C. A. Portocarrero, R. Prinz, C. V. Sangewar, I. Severskiy, O. Sigurðsson, A. Soruco, R. Usubaliev, and C. Vincent, 2015: Historically unprecedented global glacier decline in the early 21st century, Journal of Glaciology, 61(228), S. 745-762

 

 

Buchtipp

Andrea Fischer, Gernot Patzelt, Martin Achrainer, Günther Groß, Gerhard Lieb, Andreas Kellerer-Pirklbauer-Eulenstein, „Gletscher im Wandel: 125 Jahre Gletschermessdienst des Alpenvereins“, Springer-Verlag (erscheint Ende 2017/Anfang 2018), www.springer.com/de/book/9783662555392

 

Vorträge am Nachmittag

DIin Marianne Badura, MAS, Ingenieur- und Beratungsbüro „blue! Advancing european projets GbR“, München, Vortrag „Energiepotenzial der Alpen“

 

Das Projekt recharge.green (http://www.recharge-green.eu/de/) dauerte von Oktober 2012 bis Juni 2015 und wurde vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen des Alpenraumprogramms mitfinanziert (www.alpine-space.eu). Es hat Organisationen und Institutionen aus unterschiedlichen Bereichen wie Forschung und Entwicklung oder öffentliche Verwaltung sowie aus Bereichen, die oft miteinander in Konflikt geraten, wie Naturschutz und Energieproduktion, zusammengebracht. Alle Beteiligten haben gemeinsam Lösungen für eine nachhaltige Nutzung erneuerbarer Energien (EE) in den Alpen entwickelt, die helfen können, die Entscheidung zu Projekten der Nutzung von EE besser im Vorfeld zu analysieren, auf mögliche Auswirkungen auf Natur und Umwelt zu überprüfen und auf eine solide Basis zu stellen sowie sich der Kosten bewusst zu werden, welche die Nutzung gegebenenfalls mit sich bringen wird. recharge.green hat insbesondere Modelle entwickelt, um optimale und nachhaltige Kompromisse zwischen verschiedenen Ökosystemleistungen (z. B. Nutzung von Wasser, Luft, Schönheit der Landschaft) und deren Inanspruchnahme bzw. ihrem Vorhandensein zu finden.

 

Ist ein Gebiet besonders wertvoll für die Artenvielfalt, wird die Bewahrung dieses Werts bei den Produktionskosten für EE entsprechend gewichtet und berücksichtigt. Entscheidungsträger können so auf ihre regionale Situation abgestimmte Pläne erstellen. Damit konnten für PolitikerInnen sowie Energieproduzentinnen und
-produzenten innovative Strategien und Werkzeuge zur Entscheidungsfindung für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Verfügung gestellt werden.

 

Die Alpen haben für die Nutzung erneuerbarer Energien ein großes Potenzial, und sie sind vom Klimawandel besonders betroffen. Sie können durch die Nutzung der vorhandenen Energieressourcen einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Damit würde aber der Druck auf die Natur zunehmen, und es würde zu Veränderungen im Naturhaushalt und für den Menschen kommen. Folgende Fragen wurden untersucht:

 

-   Wo bietet der Alpenraum Möglichkeiten, aus Wind, Wasser, Sonne und Holzbiomasse aus dem Wald Energie zu erzeugen?

-   Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Lebensräume von Tieren und Pflanzen?

-   Wie wirken sie sich auf die Landnutzung und die Qualität der Böden aus?

-   Welches Ausmaß der Nutzung erneuerbarer Energien ist vertretbar?

-   Welche Gebiete sind wegen ihrer vielfältigen Landschaft und ihrer fruchtbaren Böden besonders wertvoll und sollten nicht für die Energieproduktion genutzt werden?

 

In einem ersten Schritt wurden der aktuelle Stand und das Potenzial für die erneuerbare Energieproduktion in den Alpenländern für Biomasse-, Wasserkraft, Sonnenenergie- und Windkraftnutzung ermittelt. Darauf aufbauend wurde anhand der vorhandenen Schutzgebiete aller Kategorien und der besonders sensiblen alpinen Gebiete eine Schätzung für eine maximal mögliche Energienutzung gemacht.

Teilschritte bei der Ermittlung des Energiepotenzials
Am Podium saßen Mag. Andreas Jäger, Prof. Mag. Sepp Friedhuber, Moderator DI Gerald Plattner, DIin Marianne Badura, Energieexperte DI Dr. Heinz Kaupa und Ing. Wolfgang Steinleitner (von links nach rechts).
Die Konferenz wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gefördert.

Hier ein paar ausgewählte Fotos der Umweltkonferenz!

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Die theoretisch entwickelten Strategien und Modelle wurden in sechs Pilotgebieten im Alpenraum getestet. Die geografischen, ökologischen und sozialen Besonderheiten der Pilotgebiete wurden entsprechend berücksichtigt.

Das österreichische Pilotgebiet Vorarlberg etwa überprüfte, wie sich natürliche Energiequellen wie die Windkraft ohne negative Auswirkung auf die Biodiversität und die Vernetzung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen nutzen lassen.

 

Bei der Arbeit in den Pilotgebieten wurden die Ergebnisse mit den Interessengruppen auf lokaler und regionaler Ebene sowie mit der breiten Öffentlichkeit kommuniziert. Man fragte vor allem ab, welche Prioritäten im Hinblick auf den Schutz von Lebensräumen, den vorhandenen Ökosystemleistungen (http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/naturschutz/biolat/oekosystemleistungen/) und der Energieerzeugung aus der Sicht der Bevölkerung zu setzen sind. Entstanden sind aufschlussreiche Karten, die auf regionaler Ebene geholfen haben, gemeinsam zu einer Entscheidung zu kommen.

 

Insgesamt wurde deutlich, dass es vor der Realisierung eines jeden EE-Projekts eine ehrliche Analyse braucht, welche technischen Möglichkeiten überhaupt sinnvoll sind und welche Konsequenzen die Nutzung von EE für Mensch, Natur und Umwelt hat. Darüber hinaus muss die Bevölkerung mit eingebunden werden.

Mit der in Vorarlberg entwickelten Musterhektar-Methode sind beispielhafte Visualisierungen für verschiedene EE-Nutzungen möglich; Ausgangspunkt für das Instrument „Musterhektar“ war das Anliegen, Veränderungen in der Landschaft und an Ökosystemdienstleistungen, die mit dem Ausbau erneuerbarer Energie einhergehen, anschaulich und damit „greifbar“ zu machen. Dies ist sowohl für EntscheidungsträgerInnen als auch für die Bevölkerung, die in Entscheidungen eingebunden werden soll, von herausragender Bedeutung.
Wenn mehr EE genutzt werden, steigt auch die Flächennutzung dafür. Ist der Schutz der Natur hoch, steigen die Stromkosten um ca. 20 %.

Zum Nachlesen

Das Ergebnishandbuch von recharge.green gibt über die angewendeten Modelle und Methoden sowie deren Vor- und Nachteile in der Anwendung auf regionaler oder nationaler Ebene detailliert Aufschluss.

Kostenloser Download: http://www.recharge-green.eu/downloads/

 

Herbert Jungwirth, MBA, Landesnaturschutzreferent des Alpenvereins Oberösterreich, Vortrag „Naturraum wird Energieraum“

 

Bei der Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) im alpinen Raum entstehen riesige Baustellen, Transportwege müssen angelegt, Waldflächen gerodet werden. Im Flachland ist die Errichtung von WEA wesentlich einfacher.

 

Bei der Errichtung von WEA gibt es zwangsläufig einen Konflikt zwischen Umweltschutz und Naturschutz. Das sogenannte öffentliche Interesse wird leider oft über das Naturschutzinteresse gestellt.

 

Ein weiterer Grund für die Entwicklung „Naturraum wird Energieraum“ ist die Öko-Stromförderung bei Windstrom. Lukrativ für die Grundeigentümer, für die betroffenen Gemeinden und für die Investoren. Auffällig ist auch, dass in der Regel, wenn überhaupt, die Bevölkerung vor Ort erst sehr spät informiert wird. Allerdings erhält sie dann meist nur sehr einseitige Informationen seitens der Projektwerber und Gemeinden. Sehr häufig sind zu diesem Zeitpunkt die Anträge auf Bewilligung bei den Behörden schon eingebracht.

 

WEA erzeugen Lärm. Er entsteht an der Nabe (Windturbine) und bei den Rotoren - sowohl an der Abrisskante (Ende der Rotoren) als auch beim Vorbeistreichen des Rotors am Turm. Der Lärm bringt zwangsläufig Forderungen der Anrainer auf entsprechende Abstandsbestimmungen mit sich und hat auch andere massive Auswirkungen, zum Beispiel

-          die Einschränkung des Erholungswerts der Landschaft,

-          Beschränkungen bei der Jagd und beim Naturerlebnis,

-          Vergrämung diverser Tierarten. Besonders betroffen ist die Vogelwelt (vor allem Arten mit großen Raumansprüchen und Zugvögel). Zu den negativen Auswirkungen zählen direkter Anprall, Lebensraumzerschneidung durch Barrierewirkung und Erschließungsmaßnahmen sowie Vergrämung durch Schlagschatten.

 

Die Größe und der Lärm von Windrädern werden oft falsch eingeschätzt. Bei acht Windrädern beispielsweise hat man eine Rotorfläche von insgesamt ca. 6 ha, und die Windräder beschallen ein Gebiet von ca. 10 ha. Bevor WEA beschlossen werden, müssen alle Fakten berücksichtigt werden, und man muss visualisieren, wie die Windräder in der Landschaft stehen werden (siehe auch Vortrag von DIin Marianne Badura). Da es bei der Errichtung von WEA für die Gemeinden um viel Geld geht, ist die Versuchung groß, welche aufzustellen. Man muss daher in den Gemeinden die Entscheidungsträger über die Vor- und Nachteile informieren und gegensteuern.

 

Damit sich ein Windrad rechnet, muss es 5-7 Jahre laufen. In den Kosten müssen auch die Preise für den Abbruch und Abtransport des Windrads enthalten sein.

 

Fazit: Ja zu erneuerbaren Energien, aber mehr Rücksicht auf die Landschaft sowie die Tierwelt! Die Abkehr von fossilen Energieträgern ist zu begrüßen, aber es muss die Nutzung der Potenziale beim Energieverbrauch und bei der Energieeffizienz ernsthaft in Angriff genommen werden. Eine Energiewende ist nur möglich, wenn wir unseren Verbrauch bei Mobilität, Raumwärme und Prozesswärme (Wirtschaft) ganz massiv reduzieren. Für Österreich sind noch 2300 Windkraftanlagen geplant - Stoßrichtung hin zum Alpenraum. Mit Windrädern im alpinen Bereich kann jedoch, schon allein der eingeschränkten Standorte wegen, die Erzeugung von relevanten Strommengen nicht gelingen. Die Gewinne aus Windenergieanlagen werden derzeit privatisiert, und die Zerstörung der Landschaften wird sozialisiert. Die aus WEA gewonnene Zufallsenergie im alpinen Naturraum steht in keinem Verhältnis zur Naturzerstörung und zur massiven Beeinflussung des Landschaftsbildes!

 

 

Ing. Wolfgang Steinleitner, Experte für Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen, Vortrag „Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen - neue Denkansätze“

 

Wolfgang Steinleitner stellte in seinem Vortrag die Fragen „Was tut der Mensch?“ und „Was sollte der Mensch tun?“. Die Antworten darauf: Er zerstört seine Lebensgrundlage und die aller Lebewesen. Er sollte seine Kreativität einsetzen.

 

Steinleitner plädierte für eine Dezentralisierung des Energieverbrauchs und verwies auf das Unternehmen GREG - German Renewable Energy Group (https://greg-energy.de), welches auch Privatpersonen das Erreichen von Stromautarkie anbietet. Angestrebt werden energieautarke Häuser; produziert man einen Stromüberschuss, fließt dieser in eine Energiecloud und man hat keine Netzgebühren zu bezahlen.

 

 

 

Podiumsdiskussion

Am Podium saßen DIin Marianne Badura, Prof. Mag. Sepp Friedhuber, Mag. Andreas Jäger, Energieexperte DI Dr. Heinz Kaupa und Ing. Wolfgang Steinleitner.

 

Heinz Kaupa forderte die Entwicklung einer Strategie für unsere Energiezukunft. Er verwies auf die Studie von Global 2000, WWF und Greenpeace „Energiezukunft Österreich“, die sich damit beschäftigt, wie ein hundertprozentiger Umstieg auf erneuerbare Energien (EE) bis zum Jahr 2050 möglich wäre. Will man diese Umstellung schaffen, müsste man die Erzeugung von EE bis 2050 verdoppeln. Es wären das Drei- bis Vierfache an Windkraftenergie und das 30-Fache an Strom aus Sonnenenergie nötig. Die Crux an den EE: Ohne Speicher gehe nichts! Man müsste daher Wasserkraftwerke zu Pumpspeicherkraftwerken ausbauen. Kaupa meinte, dass man die derzeitige Situation zwar nicht dramatisieren solle, stellte aber fest, dass man in Österreich viel zu gemächlich handle. Österreich habe keine Energiestrategie. Es gäbe genügend Möglichkeiten, Energie zu sparen (z. B. im Verkehrsbereich, in der Wärmeversorgung, bei der Dämmung von Gebäuden) und die Energieeffizienz zu steigern.

 

Kostenloser Download der Studie „Energiezukunft Österreich“: https://www.global2000.at/sites/global/files/Energiezukunft%20Österreich_.pdf

Kostenloser Download der Zusammenfassung der Studie: https://www.global2000.at/sites/global/files/Energiezukunft%20Österreich_Factsheet.pdf

 

Auch Andreas Jäger unterstrich, dass man mehr in die Zukunft denken muss. Man könne beispielsweise E-Autos als Speicher verwenden und noch sehr viele Dächer mit Solaranlagen ausstatten. Besonders wichtig sei das Energiesparen.

 

Sepp Friedhuber stellte fest, dass grundsätzlich jeder, der ein Haus hat, energieautark sein könnte. Die Frage sei nur, ob das politisch gewollt sei. Energie sei eine Cashcow. Würden die politisch Verantwortlichen die Reduktion des Energieverbrauchs wirklich wollen, würde man zum Beispiel im Bereich der Wärmedämmung von (öffentlichen) Gebäuden mehr unternehmen, statt Windkraftanlagen teurer Firmen aufzustellen.

 

Marianne Badura hielt fest, dass schon heute die Steigerung der Energieeffizienz sehr gut möglich wäre. Dennoch steige der Energieverbrauch, weil immer mehr Geräte angeschafft würden. Es komme aufs Konsumverhalten an. Gerade im Gebäudebereich gäbe es ein riesiges Einsparpotenzial. In Frankreich etwa stehen in den Bergen vorwiegend nicht gedämmte Häuser, die mit Atomstrom geheizt werden - eine absurde Situation.

 

Wolfgang Steinleitner empfahl eine dezentrale Stromerzeugung: Jeder solle seinen eigenen Strom produzieren.

 

Heinz Kaupa meinte, dass er von Dezentralisierung, wo sie möglich sei, viel halte. Das sei dort, wo man den Strom auch verbrauchen kann. Für eine Dezentralisierung benötige man jedoch neue (Hochspannungs-)Leitungen und Speicher. Im Winter komme man in Österreich mit Photovoltaik nicht durch. Wenn man Strom selbst herstellt und ans Stromnetz angeschlossen sein möchte, müsse man Gebühren zahlen, damit man auch Strom bekommt, wenn man zu wenig Strom hat. Wenn man zu viel Strom produziert, muss man fürs Stromabnehmen zahlen.

 

Marianne Badura ging auf die Kohleverstromung in Deutschland ein. Weil man den Kohlestrom verwenden müsse, schalte man Windkraftwerke ab. Badura betonte, dass die Politik sich klar entscheiden müsse, was sie will. Es fehle an Strategien und Konsequenz. In Deutschland stocke die Energiewende.

 

Solange es eine Wirtschaft gibt, die nur auf Wachstum beruht, werde sich nichts ändern, meinte Sepp Friedhuber. Es sei eine Illusion, dass Deutschland bis 2050 CO2-frei sein wird. Die Klimaentwicklung überrolle uns. Für die Lösung der komplexen Klimaproblematik seien mehrere Ansätze nötig; man müsse u. a. die weltweite Waldvernichtung und Bodenverdichtung sowie den Anbau von Monokulturen verhindern.

 

Schlussworte

Andreas Jäger: Wir haben keine Zeit mehr für Pessimismus; wir wissen bereits sehr viel darüber, wie alles funktioniert. Wir müssen auch im persönlichen Bereich über den Klimawandel nachdenken und selbst etwas tun.

 

Sepp Friedhuber: Wir müssen weiterkämpfen! Jeder Schritt in die richtige Richtung ist richtig. Von der Politik müssen endlich realistische Energiekonzepte und keine Gefälligkeitskonzepte entwickelt werden.

 

Wolfgang Steinleitner: Das Machbare machen, und die Technologien verwenden, die es bereits gibt.

 

Heinz Kaupa: Auch die soziale Lage muss berücksichtigt werden! Photovoltaikanlagen beispielsweise kann sich nicht jeder leisten.

 

Marianne Badura: Es gibt zu viele politische Ebenen, und das verhindert gute Lösungen.

 

Verleihung des Goldenen Murmels

Im Rahmen der Umweltkonferenz wurde der Umweltpreis der Naturfreundejugend Goldener Murmel verliehen. Er ging an die Vorarlberger Naturfreunde-Ortsgruppe Hard für das Projekt „Schatzkiste Handy – SchülerInnen als RohstoffdetektivInnen“. In Workshops zerlegten 20 SchülerInnen Handys und recherchierten, wo die einzelnen Stoffe gewonnen werden. Darüber hinaus beschäftigten sie sich mit dem Produktionsablauf sowie der Wertschöpfungskette und erfuhren, dass an der Herstellung eines einzigen Handys 80.000 (!) Menschen beteiligt sind. Auch das Recycling von Handys (z. B. mithilfe von Kinderarbeit in Afrika) wurde thematisiert.