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Factsheet "Windkraft in alpinen Regionen"

Windkraftwerke in den Alpen? Nicht um jeden Preis!

Alpen unter Druck

Die Naturfreunde Österreich sind mit ihren rund 150.000 Mitgliedern eine der größten Natur- und Umweltschutzorganisationen des Landes und treten seit jeher für den Schutz seiner (Kultur-)Landschaften und ihrer Artenvielfalt ein. Vor allem sensible Ökosysteme wie die Alpen bedürfen eines besonderen Schutzes. Der Alpenraum gerät nämlich immer mehr unter Druck: Immer größer werdende Touristenströme zu jeder Jahreszeit, Schigebietserschließungen und
-erweiterungen, zunehmende Verkehrsbelastung und Zersiedelung, Bauprojekte der Energiewirtschaft und der immer rasanter werdende Klimawandel setzen den alpinen Regionen heftig zu. Die Naturfreunde plädieren daher dafür, dass in den Alpen nur dort Windkraftanlagen errichtet werden dürfen, wo der Natur bzw. wertvollen (Kultur-)Landschaften keinerlei Schaden zugefügt wird.

 

Windkraft in alpinen Regionen

In den letzten Jahren wurde die Nutzung der Windkraft weltweit massiv vorangetrieben, auch in Österreich. Die Naturfreunde werden immer wieder gefragt, ob sie gegen die Nutzung von Windkraft seien, weil sie sich immer wieder gegen den Bau von geplanten Windkraftanlagen vor allem im alpinen Raum aussprechen. Natürlich ist die Windkraft eine wichtige erneuerbare Energiequelle, die überall dort, wo es ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, genutzt werden soll. Die Betonung liegt auf „sinnvoll“. Das vorliegende Factsheet gibt einen Einblick in das komplexe Thema „Windkraft in alpinen Regionen“. Die Naturfreunde sowie andere Natur- und Umweltschutzorganisationen sind davon überzeugt, dass die Alpen nicht noch mehr verbaut werden dürfen. Lest dazu die Texte von Dr. Reinhard Gschöpf, Geschäftsführer der CIPRA Österreich, und der beiden schon seit vielen Jahren engagierten Umweltschützern Prof. Mag. Sepp Friedhuber (Naturfreunde Österreich) und Herbert Jungwirth (Österreichischer Alpenverein);

Es ist auch nicht sinnvoll, Windkraftanlagen in Regionen zu errichten, in denen es keine Speichermöglichkeiten und sonstige Infrastruktur gibt. Zu dieser Thematik hat der Energieexperte und Präsident der Naturfreunde Internationale Mag. Manfred Pils für dieses Factsheet einen Text verfasst.

In einem für dieses Factsheet geführten Interview erläutert Dr. Gábor Wichmann, Geschäftsführer der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich, unter anderem wie wenig man noch über den Vogelzug in den Alpen und über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Vogelwelt weiß  und welche Forderungen an die Politik, die BirdLife vor sieben Jahren in einer Grundsatzposition gestellt hat, bereits erfüllt wurden bzw. noch immer aktuell sind.

 

Allianz für die Seele der Alpen

Werden auch noch die letzten nahezu unerschlossenen Landschaften durch technische Infrastrukturbauten beeinträchtigt oder gar zerstört, verliert (das Tourismusland) Österreich einen wesentlichen Teil seiner Lebensgrundlage: Es verliert viele Gäste und damit Geld, es verliert wertvolle Ökosysteme und damit seinen Artenreichtum und kostbaren Boden, und es verliert unschätzbaren Erholungsraum für seine Bevölkerung. Natürlich unterstützen die Naturfreunde die Energiewende und die damit einhergehende Dekarbonisierung. Ihr dürfen allerdings nicht die sensiblen alpinen Regionen geopfert werden. Stattdessen sollen alle Möglichkeiten der Steigerung der Energieeffizienz und vor allem der Senkung des Energieverbrauchs ausgeschöpft werden.

Die Naturfreunde Österreich kämpfen daher im Rahmen der „Allianz für die Seele der Alpen“ (https://www.seele-der-alpen.at/) gemeinsam mit dem Österreichischen Alpenverein und dem WWF darum, dass die letzten naturnahen Gebiete - das sind nur mehr 7 Prozent von Österreichs Fläche, also rund 5900 km2, - nicht verbaut werden. An die zwei Drittel dieser Freiräume liegen im alpinen Hochgebirge, und nicht einmal die Hälfte dieser letzten alpinen Freiräume ist vor belastender Verbauung geschützt. Es sind daher dringend verbindliche Grenzen für die großtechnische Erschließung alpiner Landschaften nötig. Die „Allianz für die Seele der Alpen“ tritt dafür ein, dass in diesen Gebieten u. a. keine Schigebietserweiterungen bzw. Neuerschließungen sowie energiewirtschaftliche Projekte wie Windkraftanlagen und große Speicherseen realisiert werden.

Da der Klimawandel Österreichs Gebirgsregionen besonders stark betrifft, ist in Hochlagen u. a. mit einer Beeinträchtigung der Hangstabilität aufgrund der Zunahme von Naturkatastrophen wie Starkregen- und Sturmereignissen zu rechnen. Demnach wird der Erhalt intakter alpiner Lebensräume wie bewirtschafteter Almen und stabiler Schutzwälder immer mehr an Bedeutung gewinnen. Man muss daher prüfen, welche alpinen Regionen eine zusätzliche Belastung durch neue großtechnische Infrastrukturbauten wie Windkraftanlagen überhaupt noch verkraften.

 

Positionen der Naturfreunde zum Thema Windkraft

• Keine Windkraftwerke in unerschlossenen alpinen Gebieten (also in Zonen, die frei von Infrastrukturen wie Seilbahnen, öffentlichen Straßen, E-Leitungen etc. sind)!

• Keine Windkraftanlagen in den letzten naturnahen Gebieten Österreichs, von denen zwei Drittel im alpinen Hochgebirge liegen!

• Keine Windkraftanlagen in Schutzgebieten und angrenzenden Landschaftsräumen bei erheblichen Störungen von prägnanten Sichtbeziehungen, die bis zu 10 km weit reichen können!

• Keine Anlagengenehmigungen in lärmarmen alpinen Gebieten sowie auf Flächen mit natürlicher Dunkelheit – also keine Lichtverschmutzung!

• Windkraft kann auch in speziellen Zonen im Alpenraum eine Option sein, ist aber nur bei ausgewogener Planung unter Einbindung der Bevölkerung und Sicherstellung guter ökologischer Standards sowie richtiger Platzierung der Windräder unter Wahrung des Landschaftsschutzes sinnvoll. Basis dafür sind von den Ländern lokal und regional abgestimmte Zonen, in denen alle relevanten Aspekte der Energieeffizienz, des Landschaftsschutzes, der Integrität der Landschaft, des Naturschutzes und des Artenschutzes sowie touristische Erholungsräume berücksichtigt werden. Zudem müssen bei der Ausweisung dieser Zonen allfällige relevante gesetzliche Bestimmungen wie die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, die Vogelschutzrichtlinie und nationale Schutzgebietskategorien erfüllt werden.

 

 

Das gesamte Windkraft-Factsheet der Naturfreunde findest du unter "Downloads". Es soll mit der Wiedergabe von Meinungen diverser Experten eine differenzierte Betrachtung ermöglichen. Es liefert auch zahlreiche Beispiele für Auswirkungen von Windkraftprojekten und spricht eine große Bandbreite von Problemstellungen an. Damit bietet es eine Hilfestellung für die grundsätzliche Beantwortung von Fragen im Spannungsfeld zwischen (vorbehaltloser) Förderung erneuerbarer Energieträger zur Vermeidung von CO2-Emissionen und absolutem Landschafts- und Naturschutz. Das Factsheet zeigt, was bei Windkraftprojekten grundsätzlich zu beachten ist, und kann daher auch als Unterstützung bei der Entscheidungsfindung vor Ort dienen.