(Wien, am 11. Oktober 2018/OTS)
Unser Wasser ist in Gefahr. Europas Flüsse, Seen und Grundwasser leiden unter einer immer stärkeren Verbauung und Ausbeutung, jetzt sollen auch noch wichtige Umweltstandards abgebaut werden. Daher rufen 100 Natur- und Umweltschutzorganisationen sowie zivilgesellschaftliche Vereine in ganz Europa zu einer gemeinsamen Aktion auf, um unsere Gewässer zu schützen. Die heute, Donnerstag, startende Initiative „Rette unser Wasser“ wird federführend von WWF Österreich und dem Umweltdachverband unterstützt. „Immer mehr EU-Länder und Wirtschafts-Lobbys wollen die Wasserrahmenrichtlinie in ihrem Sinne aufweichen. Dagegen braucht es ein starkes Zeichen, um Mensch und Natur zu schützen“, sagt Hanna Simons, Leiterin der Natur- und Umweltschutzabteilung des WWF Österreich. Über ein neues Online-Tool können sich die Österreicherinnen und Österreicher direkt an die EU-Kommission wenden, um sich für hohe Schutzstandards einzusetzen.
„EU-Richtlinien sind ein gemeinsamer Nenner für eine heterogene Staatengemeinschaft. Und welche Gemeinsamkeit könnte größer sein, als unser aller Abhängigkeit von Wasser. Die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Gewässern und Grundwasser ist Grundbedingung für das Überleben der Landwirtschaft und trägt zur Sicherung der Trinkwasserreserven bei. Dieser langfristige Schutz darf keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden“, erklärt Franz Fischler, Präsident Europäisches Forum Alpbach. „Oft wirkt Europa weit weg von den Menschen. Hier hat die Bevölkerung den direkten Draht zur EU-Kommission und kann sich für den Erhalt der Wasserrahmenrichtlinie einsetzen“, appelliert der frühere EU-Kommissar.
Anlass für die Aktion: Mehrere EU-Mitgliedsländer nutzen den laufenden Fitness-Check der EU-Kommission, um die seit dem Jahr 2000 gültigen Schutzstandards und Ziele im Gewässerschutz abzuschwächen. Damit wollen sie sich, vor der Verpflichtung drücken, sämtliche Gewässer bis spätestens 2027 in einen guten Zustand zu bringen und vor Verschlechterungen zu schützen. Auch Österreich zählt zu den säumigen Ländern und lässt ein klares Bekenntnis zur Richtlinie vermissen: Der ökologische Gewässerschutz ist statt der geplanten 150 Millionen Euro mit null Euro dotiert. Mehr als 5.200 Wasserkraftwerke unterbrechen hierzulande die Gewässer und verwandeln lebendige Flüsse in ökologisch tote Stauseen. „Wer unser Wasser nicht ausreichend schützt, gefährdet nicht nur den Lebensraum unzähliger Tier- und Pflanzenarten, sondern langfristig auch das Grundwasser und damit die Trinkwasserqualität für den Menschen“, warnt Hanna Simons vom WWF. Es drohen noch stärkere Übernutzung der Grundwasserreserven, stärkere chemische Belastungen, etwa bei Pestiziden, und jahrzehntelange Verzögerungen bei nötigen Sanierungsmaßnahmen. Wie groß der Schutzbedarf ist, zeigt ein alarmierender Bericht der EU-Umweltagentur. Demnach sind 60 Prozent der Gewässer in Europa in keinem guten Zustand und damit sanierungsbedürftig. Auch in Österreich gelten nur 15 Prozent aller Flüsse als ökologisch intakt. Nur 40 Prozent sind im ausreichend gutem Zustand.
Auch der Umweltdachverband warnt vor einer Aufweichung des wichtigsten Instrumentes zum Schutz der Gewässer: „Wasser heißt Leben. Und das muss auch in Zukunft so bleiben – denn Plan B gibt es keinen und kann es keinen geben! Österreich kann sich angesichts des besorgniserregenden ökologischen Zustands unserer Bäche und Flüsse eine Aufweichung der Wasser-Schutzstandards definitiv nicht leisten. Es geht um die letzten intakten Fließgewässer, die durch immer weitere Flusskraftwerke und Verbauungen gefährdet sind – ein Einhalten ist nicht in Sicht. Im Schnitt ist bereits jeder österreichische Flusskilometer durch ein Querbauwerk, eine Regulierung oder eine Restwasserstrecke unterbrochen – insgesamt gibt es 33.000 solcher Barrieren in ganz Österreich. Nicht einmal Schutzgebiete sind tabu – drei Viertel aller Kraftwerksplanungen und -bauten finden in sensiblen Gebieten, sogar in Nationalparks und Europaschutzgebieten, statt.
Wir rufen daher alle Bürgerinnen und Bürger mit Nachdruck und in geeinter Allianz auf, die Aktion ‚Rette unser Wasser‘ mit einer Unterschrift zu unterstützen und so die dringend nötige Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie voranzutreiben“, so Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Ziel der Initiative „Rette unser Wasser“ ist die Beibehaltung des Wasserschutzes durch die Wasserrahmenrichtlinie und daher eine möglichst große Beteiligung an der öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission. Ab sofort bis 4. März 2019 haben sämtliche Bürgerinnen und Bürger Europas die einmalige Chance, von ihrem Mitspracherecht Gebrauch zu machen. Die Organisationen erleichtern die demokratische Teilhabe: Auf den jeweiligen Vereins-Websites ist ab sofort eine direkte Beteiligung mit nur wenigen Klicks möglich.
Die Aktion zum europaweiten Wasserschutz wird getragen von 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Vereinen in ganz Europa. Die hohe Anzahl zeigt, dass nicht nur Umweltverbände, sondern auch Wirtschaft und Landwirtschaft auf intakte Gewässer angewiesen sind. So zeigen sich etwa Österreichs Fischerinnen und Fischer besorgt über den dramatischen Artenschwund in den heimischen Flüssen. Zudem unterstützen rund ein Dutzend europäischer Brauereien die Kampagne und halten in einem gemeinsamen Appell fest: Ohne sauberes Wasser gibt es auch kein gutes Bier.
Hierzulande engagieren sich besonders viele Vereine für mehr Wasserschutz: Von den 100 teilnehmenden Organisationen sind alleine zehn aus Österreich. „Rette unser Wasser“ wird unterstützt von WWF Österreich, dem Umweltdachverband und vielen weiteren Organisationen – darunter Ökobüro, BirdLife Österreich, Naturfreunde Österreich, Naturschutzbund Österreich, Österreichischer Alpenverein, Österreichischer Fischerei-Verband, Verband der Österreichischen Arbeiter-Fischerei-Vereine und RiverWatch. Die Initiative „Rette unser Wasser“ ist Teil der europäischen Online-Kampagne #ProtectWater statt, angeführt von Living Rivers Europe – einer Koalition bestehend aus WWF, European Environmental Bureau, European Anglers Alliance, European Rivers Network und Wetlands International.